Mit Klangräumen, Rätseln und dystopischen Szenen führt die Produktion „The Resilience of Sisyphos“ das Publikum im Rahmen der Musiktheatertage Wien durch eine Mischung aus Performance, Spiel und Theater. Das Gebäude der alten Wirtschaftsuniversität Wien macht seinem Namen alle Ehre: Es ist in die Jahre gekommen. Während die Studierenden seit mehr als einem Jahrzehnt ihre Vorlesungen auf einem modernen, preisgekrönten Campus besuchen, dient der riesige Gebäudekomplex – der 2027 abgerissen werden soll – noch einmal als Bühne.

Zum „Check-in“ für die Zeitreise ist man um 18 Uhr vor Ort. Der Weg durch die langen, schummrig beleuchteten Gänge der alten WU ist gut gekennzeichnet. Nach der Abgabe von Mobiltelefonen und Wertsachen erhält man eine Bordkarte, stellt sich auf die zugeteilte Nummer und hört die erste Durchsage: Eine strenge Stimme kündigt „lebensverändernde Momente“ an. Kurz darauf werden die Besucher in Kleingruppen aufgeteilt, wählen Teamleiter, erfinden Gruppennamen und beantworten Fragen – das Szenario erinnert an eine Mischung aus Rollenspiel und Escape Room.

Es ist ein warmer Spätsommerabend im September, im Innenhof ist ein kleines Büfett aufgebaut. Von diesem „Hub“ aus marschiert man ins Geschehen. Wir schreiben das Jahr 2174 und befinden uns auf der Station Sisyphos. Die spielfreudige Crew schärft uns ein, dass wir – die nun fünf Klangräume mit Elementen eines Escape Rooms betreten – mitentscheiden, wie es um das Schicksal der Erde bestellt sein wird. Jede Gruppe erhält Plastiktäschchen in ihrer Farbe, bevor es in die erste Station geht: Sand unter den Füßen, dystopische Texte, minimalistische Klänge. Besonders hervor sticht die ironisch inszenierte Gameshow mit dem allseits beliebten Spiel „Wahrheit oder Pflicht“, bei der jeweils ein Gruppenmitglied auf dem „heißen Stuhl“ Platz nimmt. Alle schlagen sich tapfer und bewahren Contenance, selbst wenn ihnen ein Schweinchen auf die Stirn gemalt wird. Bedrohlich wird es, als eine große Flut die Station heimsucht und eine riesige Plastikplane die Besucher zu verschlingen droht. Doch da die aufmerksamen Mitspielerinnen und Mitspieler – das Publikum – ein Zahlenrätsel lösen können, sind schließlich alle gerettet. Erschöpft verlässt man die Zukunft zurück Richtung Gegenwart.

Hervorzuheben sind vor allem der Mut und die Experimentierfreude des Kollektivs MuPATh, das 2010 von Rupert Bergmann und Samu Gryllus gegründet wurde. Gemeinsam mit Aleksandra Bajde, Dominik Förtsch, Wen Liu, Conny Zenk, Carmen C. Kruse (Regie) und Lisa Horvath entsteht ein Werk, das sich nicht über klassische Musik definiert, sondern über vielfältige Ausdrucksformen – insbesondere die eindrucksvoll eingesetzten Stimmen der bestens geschulten Künstler. Und was hat all das nun mit der Widerstandsfähigkeit von Sisyphos zu tun? Er steht für die ewige und scheinbar sinnlose Anstrengung. Oder vielleicht doch nicht? Ein Mitspieler bemerkt: „Aber wenigstens hat er eine Arbeit!“

Susanne Dressler

„The Resilience of Sisyphos“ (2025) // Immersives, interaktives Musiktheater im Escape-Room Format