Langenlois / Operette Langenlois (Juli 2025) Frisch, frech, frivol: Langenlois zeigt, wie Operette 2025 geht
Dass Operette auch modern geht, beweist Langenlois mit Oscar Straus’ „Walzertraum“. Intendant Christoph Wagner-Trenkwitz und Regisseurin Isabella Gregor haben den Stoff mit einer eigenen Textfassung ordentlich in die heutige Zeit gebürstet und kluge Nebenhandlungen eingezogen – ein großer Gewinn.
Im deutschen Fürstentum Flausenthurn wurde der Wiener Leutnant Niki (Paul Schweinester mit traumhaftem Operetten-Tenor als einfach gestrickter Filou) mit Prinzessin Helene (Domenica Radlmaier mit herrlich klarem Sopran verschmitzt ihren Gatten vergötternd) verheiratet. Doch er hat Heimweh – ihm fehlt der Walzer. So versucht er durch eine vorgespielte Liebschaft mit seinem Kumpanen Montschi (kumpelhaft lässig: Erwin Belakowitsch) seinen ehelichen Pflichten zu entgehen – Operette kann auch queer! Als Walzerklänge aus dem Garten erklingen, veguckt Niki sich in die Dirigentin der Damenkapelle, Franzi (stimmlich eine Wucht, mit zarten Höhen und dennoch frivol: Nicole Lubinger). Fürst Joachim (mit brillant übertriebener Mimik, milde und hinreißend unbeholfen à la Louis de Funès: Jens Claßen) und Oberkammerfrau Friederike (lieblich pikiert: Cornelia Horak) versuchen, den Hofstaat zusammenzuhalten, während Graf Lothar, der Vetter des Fürsten, der selbst gerne Helene und das Fürstentum hätte (witzig intrigant: André Bauer), die Tschinellenfifi (großartig derb und stimmgewaltig: Kerstin Grotrian) und Lakai Sigismund (ein spielerisches Feuerwerk mit klassischer Musical-Stimme: Julian Weninger) den Laden gehörig aufmischen. Obwohl Niki kurz von beiden Frauen stehengelassen wird („Who run the world – Girls!“), gibt es ein Operetten-Happy-End: Helene gibt Niki noch eine Chance und Franzi macht Karriere als Dirigentin.
„Idiotismus“ als Versprecher statt „Patriotismus“, „Oberammergau“ statt „Oberkammerfrau“, „bi oder nicht bi“, die Kärntner Gastarbeiterin oder „Faust“-Zitate sind pointierte politische Seitenhiebe, kulturelle Referenzen oder Anspielungen zum Weiterdenken, ohne überladen zu wirken.
Bemerkenswert ist die Spielfreude beim gesamten Ensemble, auch tänzerisch. Lisa-Marie Rettenbacher greift die Walzerliebe in beschwingten Choreografien auf – ständig wird sich liebevoll augenzwinkernd gedreht: „Alles Walzer“. Auf den Punkt: Einer im Hofstaat wird angestupst und alle fallen um.
Mit ironisch historischen Kostümen (Anna-Sophie Lienbacher) und treffend überzeichneter Maske (Zarah Bugnar) wird das dekadente Fürstentum in Szene gesetzt. Bühnenbildner Roland Tscherne lässt das reizende Schloss Hainburg für sich wirken, ergänzt um einen Multifunktions-Kammerspielraum, der Schlafzimmer und gleichzeitig Thron ist.
Musikalisch ist der gesamte Abend ein Traum – mit Harmonien zum Dahinschmelzen, besonders im berühmten Duett „Leise, ganz leise klingt’s durch den Raum“ zwischen Schweinester und Belakowitsch. Nicht ohne Grund nennt Wagner-Trenkwitz den musikalischen Leiter Lorenz C. Aichner liebevoll „Ben Affleck der Operette“: Er und das Strauss-Festival-Orchester Wien sind in ihrer operettentypischen Vielseitigkeit und Präzision absolut oscarverdächtig.
Fazit: unaufdringlich modern, witzig, musikalisch ein Genuss – so geht Operette 2025!
Christoph Oscar Hofbauer
„Ein Walzertraum“ (1907) // Operette von Oscar Straus
