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Die EXODUS – endlich öffnet sie ihre Pforten und gibt diejenigen frei, für die der einstige Vergnügungsdampfer „President Warfield“ nach jahrelangem Einsatz als Truppentransporter im Zweiten Weltkrieg zum Rettungsanker auf der Flucht vor der grausamen und unüberwindbar scheinenden Vergangenheit in Europa wird.

Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.

Antoine de Saint-Exupéry

Die Befreiung aus der Enge des Schiffes in die Ungewissheit. Endstation Sehnsucht, Schicksal zu Unrecht Heimatloser – und die Apokalypse einer Menschenmasse voller Hoffnung. In seiner Inszenierung von Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ an der Deutschen Oper Berlin lässt Regisseur Götz Friedrich 1997 den Holländer nicht von einem Geisterschiff, sondern von der „EXODUS 1997“ an Land gehen.

Die Frist ist um, und abermals verstrichen sind sieben Jahr‘ Voll Überdruß wirft mich das Meer ans Land.

Die Befreiung aus der Enge des Schiffes in die Ungewissheit. Endstation Sehnsucht, Schicksal zu Unrecht Heimatloser – und die Apokalypse einer Menschenmasse voller Hoffnung. In seiner Inszenierung von Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ an der Deutschen Oper Berlin lässt Regisseur Götz Friedrich 1997 den Holländer nicht von einem Geisterschiff, sondern von der „EXODUS 1997“ an Land gehen.

Schwestern – Schiffe der Hoffnung

»Erlösung = Heimkehr. Das ist ein Gedanke, der heute nicht nur in Europa, sondern wohl in aller Welt von neuer Brisanz ist, so alt und ewig er auch erscheinen mag«, erklärt Götz Friedrich damals seine Idee.

Am Ende finden sie ihren Frieden. Sie werden im zweiten Anlauf von Bord und ins vermeintlich gelobte Land gelassen. Heute über 20 Jahre später und 75 Jahre nach der Beendigung des Zweiten Weltkriegs, sind wir ganz offenbar kein Stück schlauer. Die Welt hat sich verändert, die Zustände leider nicht. Schlauchboote und überladene Schiffe sind bis heute immer noch für viele die einzige Möglichkeit der Befreiung aus der eigenen Unterdrückung, aus nicht ertragbaren Lebenszuständen und der Angst vor dem Tod. Heute kommen wir nach Europa, vor 75 Jahren galt es, diesem zu entkommen.

Das Sehnsuchtsziel vieler Juden damals: ein neues, besseres Leben in einem eigenen Land in Palästina. Über 4.500 Menschen aus den Sammellagern rund um Marseille bestiegen in der Nacht vom 9. auf den 10. Juli 1974 aus eben diesem Grund die „President Warfield“, die aus berechtiger Furcht vor den bis heute bekanntlich keinesfalls ausgefochtenen Konflikten zwischen Juden und Arabern in Palästina von den französischen Behörden bereits im Heimathafen vor dem Auslaufen gehindert werden sollten.

Die Cook-Schwestern bei einer ihrer ganz speziellen Opernreisen und auf einer historischen Aufnahme nach dem Krieg.

Ida Cook alias Mary Burchell an der Schreibmaschine: Mit dem Verfassen von Bestseller-Romanen finanzierte sie die Rettung von 29 Juden aus Nazideutschland.

Die mir die Wunde auf ewig schließe – sie naht wie ein Held, sie naht mir zum Heil!
Vergeh die Welt meiner jauchzenden Eil‘!

Ida Cook

Befragt zum Zustand der mit Habseligkeiten, Schmuck und Pelzen überfrachteten Reisenden, gab es für die Schwestern an der Grenze eine ebenso einfache wie schlagfertige Erklärung: „Wir waren zwei nervöse britische Jungfern, die unseren Familien zu Hause nicht vertrauten, und als wir ins Ausland gingen, nahmen wir all unseren Schmuck mit“, erklärt Ida in ihren Memoiren. „Darauf gab es keine Antwort. Sie konnten sagen, das sei lächerlich, aber Sie konnten nicht sagen, dass es nicht wahr sei.“ 1965 erhielten die Schwestern vom Staat Israel die Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern“ für ihre „Herzenswärme, Hingabe, seltene Beharrlichkeit [und Bereitschaft], ihre persönliche Sicherheit, Zeit und Energie zu opfern“. Ida starb 1986, Louise überlebte sie um etwas mehr als vier Jahre.

Die von Ida Cook 1950 erstmals veröffentlichten Memoiren sind bisher leider nur in englischer Sprache erschienen. Es gibt allerdings ein Buch von Louise Carpenter mit dem Titel „Ida & Louise“, das die Geschichte der beiden Schwestern ausführlich in deutscher Sprache erzählt.

Auch für den Berliner Kulturmanager Peter Sauerbaum und sein Team ist es ein Schiff, das Hoffnung auf eine Zukunft ohne Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus macht: „Die Grundlagen, um immun gegenüber antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Einflüsterungen zu sein und zu bleiben, werden bei Kindern und Jugendlichen gelegt. Daher sind uns Projekte und Programme der Kulturellen Bildung sehr wichtig“, so Sauerbaum, künstlerischer Leiter des Choriner Musiksommers und ehemaliger Geschäftsführer des Jüdischen Museums und der Deutschen Oper Berlin. Als langjähriger Berliner und Kulturmanager weiß er, wovon er spricht: „Wir folgen dem Credo Leo Kestenbergs, dem Doyen der deutschen Musikpädagogik, der erklärte, dass Erziehung zur Menschlichkeit von und durch Musik geschehe. Dieser Dieser Grundsatz ist nicht auf musikalische Projekte beschränkt, sondern allumfassend.“ Die Bühne – so auch der Name des jüdischen Theaterschiffs, ein Projekt des Berliner Vereins „Discover Jewish Europe e.V.“ – findet hoffentlich bald auf der MS Goldberg ihr Zuhause. Das Schiff, Baujahr 1964, ist 67 Meter lang und 8,20 Meter breit. Aktuell ist es in der Binnenschifffahrt noch in Betrieb und ab und an auch auf der Spree in Berlin zu sehen. Dann transportiert es Tonnen an Sand, Kies oder anderen Materialien.

Ab dem Frühjahr 2021 soll es dann „nur“ noch Kultur und humanistische, Völker friedlich vereinende Gedanken transportieren. Der Heimathafen soll in Berlin sein, im Moment sind die Reinbeckhallen dafür angedacht. Doch das Schiff ist so flexibel wie es die eigene Philosophie auch von seinen Besuchern erfordert. Allerdings gibt es bis zum glücklichen Ende noch einige Hürden zu nehmen. Die vorgegebene Durchfahrtshöhe von 4,20 Metern bei Brandenburger Brücken ist dabei eine der einfacheren. Die Einwerbung von Spenden für das soziale Projekt ist da schon eine andere Nummer. Das Schiff selbst kostet 200.000 Euro in der Anschaffung, die Umbauten noch einmal 900.000 Euro. Sauerbaum wirkt zuversichtlich, nicht zuletzt, weil einige Großspenden aus der Industrie für das Kulturprojekt mit dem aufklärerischen Anspruch beachtlich sind. „Wir sind aber noch lange nicht auf der sicheren Seite und freuen uns über jeden Beitrag, der uns dabei hilft, dieses wichtige Projekt zu realisieren“, so Sauerbaum.

DIE PASSAGIERIN

Oper in zwei Akten

Musik | | Mieczysław Weinberg
Libretto | | Alexander Medwedew
Literarische Vorlage | | Zofia Posmysz: Pasażerka


Uraufführung | | 2006 (konzertant) / 21. Juli 2010 (szenisch)
Ort der Uraufführung | | Moskau / Bregenzer Festspiele
Spieldauer | | 2 1/2 Stunden
Ort und Zeit | | Ein Schiff nach Südamerika um 1960,
in Rückblicken: KZ Auschwitz zur NS-Zeit

Mein Herz im Osten,
und ich selber am westlichsten Rand.

Wie schmeckte Trank mir und Speis!
wie? dran Gefallen je ich fand?

Weh, wie vollend ich Glübd?
wie meine Weihung?
da noch Zion in römischer Haft,
ich in arabischem Band.

Jehuda Halevi

Video: »Hills and the Sea«
https://archive.org (Prelinger Archives)

1. Akt

Anna Lisa Kretschmar befindet sich mit Ihrem Ehemann auf einem Schiff nach Südamerika. Lisa glaubt, an Bord die ehemalige Gefangene Marhta zu erkennen. Sie gesteht ihrem Mann, eine KZ-Aufseherin gewesen zu sein. Ihr Mann fühlt sich betrogen. Vom Steward erfahren sie, dass die Unbekannte englische Staatsbürgerin sei.

Rückblick: Eine Frau wird im KZ Auschwitz zusammengeschlagen. Lisa zwingt Martha, den bei ihr gefundenen Brief übersetzend laut vorzulesen. Martha verliest statt des Verschwörungsinhalts einen Liebesbrief. Auf dem Schiff beklat sich Lisa bei ihrem Mann über diesen Betrug, von dem sie später erfahren hat. Walter schweigt dazu.

2. Akt

Ein Musiker, der eine der von Martha verwalteten Geigen abholen soll, stellt sich als Marthas Verlobter Tadeusz heraus. Als sie von Lisa überrascht werden, zeigt diese Verständnis und ermöglicht ihnen ein Rendezvous. Es stellt sich heraus, dass das Verschwörungsschreiben von Tadeusz stammte. Als Lisa ihm anbietet, ein weiteres Treffen mit Martha zu ermöglichen, lehnt dieser ab, da er für Martha kein Risiko wünscht. Lisa erzählt Martha, dass Tadeusz es abgelehnt habe, sie zu treffen. Außerdem habe sie das heimliche Treffen der beiden gemeldet und somit Martha und Tadeusz verraten. Bevor beide ihrem Schicksal übergeben werden, soll Martha Tadeusz noch einmal spielen hören. Lisa erfährt, dass die unbekannte Passagierin doch Polin ist. Sie versucht, ihre Vergangenheit zu rechtfertigen. Ihr Mann bestätigt sie darin.

Text: Alexander Busche