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Angst und Zuversicht

Als wir Anfang 2022 glaubten, mit dem Eindämmen der Pandemie die größte Krise der letzten Jahre überwunden zu haben, überfiel beinahe zeitgleich Russland die Ukraine und brachte den Krieg zurück nach Europa. Schon ­wieder wurde unser Alltag in seinen Grundfesten erschüttert. Von „gefährlichen Zeiten“ zeugt auch der brutale Terror-Angriff der Hamas am 7. Oktober auf Israel. Ein weiterer Konflikt, der seit vielen Jahren brodelte, wurde zum offenen Krieg. Kein Wunder, dass wir angesichts vieler Herausforderungen manchmal pessimistisch in die Zukunft schauen: Energiekrise, Klimakrise, Flüchtlingskrise – an jeder Ecke „kriselt“ es gewaltig. Und wie vor 100 Jahren nutzen rechte Parteien in ganz Europa die Angst der Menschen und vergiften mit ihren Parolen unser gesellschaftliches Klima.

Derweil gehen wir auf das Jahresende zu, Weihnachten ist nicht mehr allzu weit – weit entfernt aber zumindest bei mir die passende Stimmung. Licht und Schatten liegen im Moment doch sehr nah beieinander! Kurioser­weise lässt sich das sogar an der Themenwahl dieser Ausgabe festmachen. Wir „­feiern“ runde Geburts-Erinnerungstage von Maria Callas, Mickey Mouse und Johannes Heesters, thematisieren den Niedergang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Kontroversen am Rande des (künstlerisch sensationellen) Auftritts von Anna Netrebko an der Staatsoper Unter den Linden. Sogar der „Branchentalk“ der aktuellen Ausgabe strotzt vor Preisgalas – und Nachrufen.

Mein persönliches Highlight der letzten Zeit war diesmal kein Musiktheaterabend, sondern das Theaterstück „Das achte Leben (Für Brilka)“ am Metropoltheater München (sagenhafte Regie: Jochen Schölch). Warum ich Ihnen das hier erzähle? An diesem Abend war zu spüren, wie Theaterkunst – egal welcher Art – aus Angst Zuversicht macht und unseren ­Blickwinkel positiv verändert. „Kunst hilft Leben lernen“, meint auch die Salzburger Kulturvernetzerin Elfi Schweiger im Gespräch mit Florian Maier. Und das ist doch eigentlich eine ziemlich „frohe Botschaft“ zu Weihnachten 2023. Finden Sie nicht?

Ich wünsche Ihnen einen besinnlichen Herbst und strahlende Advents-Momente.


Ihre

Iris Steiner
Chefredakteurin

50 Jahre Leidenschaft …

Der „orpheus“ versteht sich als „Stimme“ der Musiktheaterwelt – als Medium für Opern-, Operetten- und Musicalfans und nicht zuletzt als hochwertiges Magazin mit einer eigenen Meinung, das mit spannenden und gut lesbaren Inhalten unterhält und informiert.


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