Las Palmas de Gran Canaria / Ópera Las Palmas (April 2021) „La Cenerentola“ in fantasievoll-farbigem Gewand
Nach klassischen Inszenierungen von Verdis „Il trovatore“ und Cileas „Adriana Lecouvreur” setzen die Amigos Canarios de la Ópera ihre 54. Saison mit Eigenproduktionen der italienischen Oper erfolgreich fort. Diesmal ist es Gioachino Rossini, der mit seiner „Cenerentola“ im wunderschönen, altehrwürdigen Opernhaus von Las Palmas zu Ehren kommt, dem Teatro Pérez Galdós. Das Haus wurde zunächst als Teatro Tirso de Molina 1890 eröffnet, brannte aber 1918 fast vollständig ab. Zehn Jahre später wurde es mit „Aida“ wiederöffnet. Nach Erweiterungs- und Verschönerungsarbeiten von 2004 bis 2007 erstrahlt es heute als das theatrale Kleinod der Kanaren. Die Akustik ist exzellent.
Dazu passt auf nahezu perfekte Weise eine Neuinszenierung der „Cenerentola“ durch Raúl Vázquez, dem einzigen Nicht-„Canarino“ im Regieteam, in den relativ einfachen, aber Stimmung schaffenden Bühnenbildern von Carlos Santos und der Beleuchtung von Iban Negrín sowie mit den Kostümen von Claudio Martín. Die ersten Szenen finden in der Hausbibliothek von Don Magnifico statt. Mit den Büchern haben die beiden Schwestern Tisbe und Clorinda zwar wenig im Sinn, aber sowohl Cristina del Barrio mit ihrem Rollendebüt als Tisbe wie auch Sofía Esparza als Clorinda lassen klangvolle und äußerst wortdeutliche Stimmen erklingen. Ihre Halbschwester Angelina (Cenerentola), Victoria Yarovaya, natürlich mit dem Abstauben der Regale befasst, steht ihnen mit einem ausdrucksvollen und geschmeidigen Mezzo nicht nach, mit dem sie später auch noch gute Koloraturen hören lässt.
Vázquez steuert eine exzellente Personenregie bei, gestaltet die Figuren sehr lebhaft und damit im Einklang mit den Noten Rossinis. Dazu agieren sie immer mit der passenden Mimik. Das trifft auch auf den vor Energie sprühenden Don Magnifico zu, aus dem Misha Kiria mit viel Komödiantik und einem gut geführten Bariton eine Charakterstudie macht.
Im zweiten Akt schlägt die Stunde des wahrlich erstklassigen Tenors Xabier Anduaga, der wie Yarovaya, Kiria und Fernando Campero (Dandini mit gutem Bass) von den Kanarischen Inseln stammt. Hier singen also offenbar nicht nur die Vögel gut. Es ist schon beachtlich, welches Sängerpotenzial die Inselgruppe hat. Anduaga singt Don Ramiro mit tenoraler Brillanz bei einem dunklen Unterton, was den stimmlichen Ausdruck verstärkt. Hinzukommen blendende Höhen, die an einen Juan Diego Flórez erinnern, ja vielleicht noch etwas dramatischer sind. Er spielt auch sehr nobel. Isaac Galán rundet als guter Alidoro das exzellente Ensemble ab. Im modernen Kabinett von Ramiro hat Bühnenbildner Santos einen langen Steg nach hinten installiert, sodass die Bühne tief genutzt wird. Auf schrägen Seitenwänden erscheinen situationsbezogen fantasievolle Lichtbilder. Der Farbenreichtum der Bilder und Kostüme passt zur Lebhaftigkeit der Inszenierung.
Der Coro de Amigos Canarios de la Ópera liegt in den kompetenten Händen von Olga Santana. Der junge Lorenzo Passerini gibt dem Ganzen mit dem Orquesta Filarmónica de Gran Canaria die stimmige Rossinianische Note.
Klaus Billand
„La Cenerentola ossia La bontà in trionfo“ (1817) // Dramma giocoso von Gioachino Rossini