Salzburg / Salzburger Landestheater (März 2025) Flotows „Martha“ als moderne Liebesgeschichte
Wie würde sich eine Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen aus unterschiedlichen Schichten – aus reichem Hause und vermeintlich der Arbeiterklasse – heute abspielen? Das zeigt Regisseurin Christiane Lutz mit Friedrich von Flotows Oper „Martha“ im Salzburger Landestheater. Die modernen Kostüme (Dorothee Joisten) wechseln dabei je nach Situation.
Trotz des märchenhaften Themas – ein Ring bringt durch die Klarheit über die Herkunft des Fahrradmechanikers die Wende – enthält die Aufführung eine erstaunliche Aktualität. Nicht nur dadurch, dass Lady Harriet Durham, alias Martha, mit Laptop und Smartphone agiert, WhatsApp-Nachrichten erhält oder Dating-Seiten konsultiert, sondern besonders durch die zeitlose Botschaft am Schluss: „Zum Heile, zum Glücke das Dasein uns ruft.“ Fantasievoll gewinnt Harriet ihren „Herrn, den Fahrradmechaniker Lyonel“, bei dem sie sich in einem Schabernack als Magd verdingt hat, zurück, als sie erfährt, dass er standesgemäß ist.
Der Untertitel der Oper „Der Markt zu Richmond“ weist auf den Ort der Handlung hin. Dieser wird in der Inszenierung zum Platz vor einem Fahrrad-Reparaturgeschäft (Bühne: Natascha Maraval). Bei Bedarf wird diese Szenerie durch die Drehbühne in Harriets Zimmer verwandelt, von dem aus ein Aufzug nach draußen führt. Dessen Bewegung nach unten wird per Videoproduktion (Tobias Witzgall) gezeigt. Sie stellt quasi die Verbindung zwischen Adel und Bürgertum, beziehungsweise eines Lebens voller Reichtum und Langeweile mit dem Trubel des Marktplatzes dar, wo viele „Mägde“ beim „Jobcenter“ Arbeit suchen.
Am Pult des Mozarteumorchesters Salzburg steht Dirigent Tobias Meichsner. Der Chor des Salzburger Landestheaters glänzt sowohl schauspielerisch als auch musikalisch („Ich kann nähen“). Einige Solopartien werden von Chormitgliedern bestritten, die umfangreichste davon übernimmt Mona Akinola als herausragende Nancy. Überwältigend sind die Darbietungen der Ensemblemitglieder, die voller Koloraturen und im Terzett oder Quartett mit stimmakrobatischer Aussprache glänzen. George Humphreys (Plumkett) und Daniele Macciantelli (Lord Tristan) als Vertreter der beiden Schichten beeindrucken ebenso wie Nicole Lubinger als Lady Harriet. Hinreißend singt sie die Arie „Letzte Rose“, die wie ein roter Faden durch die Oper führt – von der Ouvertüre und in verschiedenen Variationen bis in den vierten Akt. Tiefgreifend und ausdrucksstark sind Luke Sinclairs Tenorarien „Ach so fromm“ und „Mag der Himmel euch vergeben“ – ein Lyonel voller Emotion und Dramatik. Was zunächst wie Tragik aussieht, löst sich am Ende in Wohlgefallen und erfüllte Liebe auf.
Brigitte Janoschka
„Martha oder Der Markt zu Richmond“ (1847) // Romantisch-komische Oper von Friedrich von Flotow
Infos und Termine auf der Website des Salzburger Landestheaters