Mit Verdis Seelendrama „La traviata“ gelingt dem Mainfranken Theater in der Blauen Halle ein eindrucksvoller Saisonstart. Das hat drei Gründe: das sehr sängerdienliche, auf feinste emotionale Nuancen der Musik eingehende Dirigat des neuen Generalmusikdirektors Mark Rohde, die exzellente Sängerriege vornehmlich in den Hauptrollen, und die lebendige, ganz auf die menschlichen Konflikte konzentrierte Regie von Olivier Tambosi und Christiane Boesiger in einem schlichten, vorwiegend schwarzen, aber auch glitzernden Bühnenbild (ebenfalls Tambosi) mit drehbaren Stationen und wenigen Requisiten zur Andeutung der Schauplätze.

Als Kontrast zur heutigen Kleidung kommt der Chor im letzten Akt in bunter Karnevals-Maskerade (Kostüme: Lena Weikhard). Das Leben draußen, nach dem Tod, geht eben weiter. Drinnen wird alles bestimmt von der Krankheit Violettas. Gleich zu Anfang, während der Ouvertüre, ist sie in ihrem weißen Gitterbett zu sehen: als Hinweis auf ihre tödliche Krankheit, die Schwindsucht. Ihr Aufbegehren gegen ihr unentrinnbares Schicksal zieht sich durch die ganze Oper – so jung will sie nicht sterben.

Das fein aufspielende Philharmonische Orchester Würzburg beginnt luzid, lässt sich oft viel Zeit, breitet auch untergründig Düsteres aus neben aufmunternd spritzigen Momenten, steigert, wo nötig, mit Verve. Dass diese innerlich packende, melancholisch stimmende Tragödie so überzeugend und menschlich ergreifend über die Bühne geht, liegt auch an den Sängerinnen und Sängern, vor allem aber an der Darstellung der Violetta durch die Georgierin Sophie Gordeladze. Ihr klarer, reiner, unaufdringlich virtuoser Sopran verfügt über eine strahlende Höhe und eine schimmernde Kopfstimme, drückt alle Facetten von hinschmelzender Liebe bis zu innerer Verzweiflung wunderbar aus, gestaltet die Arien mit locker eingebundenen Koloraturen. Alfredo wird von Juraj Hollý bestens als impulsiver Liebhaber verkörpert; sein fülliger, wohlklingender Tenor steigert sich immer mehr bis zum schönen Schlussduett. Als Salonlöwin Flora gefällt Vero Miller mit glamouröser Ausstrahlung und kraftvoll glänzender Stimme. Barbara Schöller gibt sicher singend eine besorgte Annina, Leo Hyunho Kim als Vater Germont, ein bärtiger, würdevoller alter Mann, gestaltet mit seinem vollen Bariton den bürgerlichen Patron überzeugend. Der Chor, lebendig eingebunden ins Geschehen, singt wohltuend abgestuft mit rundem, weichem Klang.

Renate Freyeisen

„La traviata“ (1853) // Oper von Giuseppe Verdi

Infos und Termine auf der Website des Mainfranken Theaters Würzburg