Torre del Lago – Viareggio / Festival Puccini (Juli 2025) Eine mitreißende „Tosca“ aus einem Guss
Das 71. Festival Puccini in Torre del Lago (Gemeinde Viareggio) beweist mit der „Tosca“ einmal mehr, dass die Fondazione Festival Pucciniano auch nach so langer Zeit noch Referenzcharakter auf höchstem Niveau für die Rezeption des Werkes des genialen Italieners beanspruchen kann. Bei der Premiere ist das Who’s who der Puccini-Interpreten auf dem romantischen Set am Lago di Massaciùccoli versammelt, wo der Komponist leidenschaftlich zur Jagd ging. Seine Villa gleich nebenan beherbergt ein detailreiches Museum sowie eine kleine Kapelle mit dem Grab des Meisters. Man sollte es unbedingt gesehen haben, um die Aura dieses legendären Ortes der italienischen Opernkunst zu verstehen und zu verinnerlichen.
In Torre del Lago steht man voll und ganz zum Verismo der Werke Puccinis. Regie und Kostüme von Alfonso Signorini befinden sich bei guter Personenregie vollkommen im Einklang mit der Szene von Juan Guillermo Nova, wie sie um 1800 in Rom gewesen sein könnte. In diesem optischen Rahmen entfalten sich die ja immer wieder nur als unglaublich zu bezeichnenden Emotionen der Musik Puccinis und seiner Sänger auf das Vortrefflichste. Es bedarf keiner Aktualisierung oder gar „Modernisierung“ – es ist eben einfach Verismo à la Italia, zu dem man auch stehen kann und sollte, gerade in Puccinis Torre del Lago und das bei offenbar voller Akzeptanz des Publikums. Und ist das am Ende nicht das Wichtigste?
Im zum Verismo-Reißer „Tosca“ bestens passenden Bühnenbild agieren aber auch hervorragende Sängerdarsteller. Wie vor Kurzem in Wien interpretieren Roberto Alagna und Aleksandra Kurzak Cavaradossi und Floria Tosca mit ebenso klang- wie ausdrucksvollen Stimmen und ihrem intensiven Schauspieltalent. Alagna geht die Rolle eher von der lyrischen Seite an, was seine Darstellung des scheiternden Malers und Revolutionärs wegen der damit verbundenen höheren Emotion in der vokalen Interpretation noch glaubhafter macht. Dabei ist sein Spinto-Tenor weiterhin völlig höhensicher. Kurzak singt die Tosca mit ihrem leuchtenden Sopran, den sie ebenfalls mit einem hohen Maß an Emphase und dabei stets auf Gesangslinie vorträgt. Darstellerisch lotet sie alle Facetten der Rolle aus. Luca Salsi gibt einen boshaften und großen Respekt einflößenden römischen Polizeichef Scarpia, gnadenlos in der Verfolgung seiner Begierde. Das kann er auch mit seinem kraftvollen und ausdrucksstarken Bariton vermitteln. Alle Nebenrollen sind ebenfalls festspielreif besetzt.
Giorgio Croci dirigiert das Orchester und den sehr guten, von Marco Faelli und Viviana Apicella geleiteten Chor und Kinderchor des Puccini-Festivals mit viel Verve und Dramatik. Ein „Tosca“ aus einem Guss, die das Publikum zu lang anhaltendem, begeistertem Applaus motiviert. An diesem Abend ist Giacomo Puccini selbst vor Ort in seinem Theater am Lago di Massaciùccoli.
Dr. Klaus Billand
„Tosca“ (1900) // Melodramma von Giacomo Puccini