Fast könnte man meinen, man sei in der „Zauberflöte“ gelandet oder Papageno habe sich in eine Donizetti-Komödie verirrt. Die Ouvertüre wird mit dem bunten Treiben von Zeichentrick-Vögeln unterlegt. Der junge Mann, der dann das gesamte Stück über von der skurrilen Vogelpuppe eines Wiedehopfs („Upupa“) als Alter Ego begleitet wird, heißt hier aber Nemorino, obwohl er mit seinen türkisfarbenen Strähnen in der buschig-zerzausten Haarmähne sowie dem weiten Rüschenhemd zur in Pastellfarben bunt gestreiften Hose glatt als Mozarts Vogelfänger durchgehen würde.

Nicht nur bei seiner Kleidung, auch sonst ist in dieser Produktion alles in Pastell gehalten, von den in die Tiefe gestaffelten rosafarbenen Rundbögen des Bühnenbilds (Philip Rubner) bis zu den Kostümen von Sarah Antonia Rung, die eine Mischung aus Flower-Power und „Alice im Wunderland“ bieten. Der Quacksalber Dulcamara etwa sieht mit Zylinder, buntem Gehrock und Gesichtsschminke aus wie ein Vetter von Jonny Depp als „verrückter Hutmacher“ in Tim Burtons Lewis-Caroll-Verfilmung. Die Inszenierung von Geertje Boeden macht aus dem „Liebestrank“ aber kein schräges Fantasy-Stück, was reizvoll wäre, sondern inszeniert mit leichter Hand und ohne Zuspitzung am Libretto entlang – auch die Regie ist gleichsam in Pastell gehalten. Vogel- und Handpuppen werden mit dezentem Humor als stumme Kommentatoren und vorgebliche Einflüsterer so dosiert eingesetzt, dass sie das Geschehen nicht dominieren. Als einzige Extravaganz sticht ein Oktopus-Kostüm für Adina im zweiten Aufzug heraus, welches prompt mit spontanem Beifall belohnt wird.

Das Staatsorchester Darmstadt unter der Leitung von Johannes Zahn präsentiert einen blitzsauberen Klang mit schönen Bläsersoli, der den Sängern gleichsam den Teppich für ihre Belcanto-Kunststücke ausrollt. Der spielfreudige Chor fügt sich adäquat hinzu.

Glück im Unglück hatte das Staatstheater Darmstadt damit, dass der vorgesehene Sänger des Nemorino erkrankte, dies aber rechtzeitig genug, um einen Einspringer mit ausreichend Vorlauf mit den szenischen Anforderungen vertraut zu machen. Matteo Roma fügt sich daher so souverän in die Inszenierung ein, als sei er immer schon für diese Rolle vorgesehen gewesen. Stimmlich präsentiert er sich in guter Form mit einem schlanken und höhensicheren Tenor, der nach der Wunschkonzert-Arie „Una furtiva lagrima“ mit starkem Zwischenapplaus gefeiert wird. In der Publikumsgunst steht ihm dabei Juliana Zara als Adina in nichts nach, die mit klarem Sopran mühelos ihre Koloraturketten serviert, deren Stimme jedoch eher klein ist und bei aller jugendlichen Frische ein wenig an Individualität vermissen lässt. Fast zu edel singt Johannes Seokhoon Moon mit seinem runden Bariton den Dulcamara. Julian Orlishausen dagegen legt den Belcore handfester an, den das Produktionsteam mit einem roten Torero-Kostüm farblich deutlich absetzt und dazu eigentümlicherweise mit einer Perücke ausstaffiert, die einen antiken griechischen Helm nachbildet.

Die Federleichtigkeit dieser Produktion könnte man als zu harmlos empfinden. Das Premierenpublikum jedenfalls ist davon begeistert.

Dr. Michael Demel

„L’elisir d’amore“ („Der Liebestrank“) (1832) // Melodramma giocoso von Gaetano Donizetti

Infos und Termine auf der Website des Staatstheaters Darmstadt