In diesen Zeiten nicht nur auf die großen bekannten Titel zu setzen, sondern stattdessen eine veritable Uraufführung ins Programm zu nehmen, dazu gehört schon einiges an Mut. Doch für das Stadttheater Fürth zahlt sich dieses Wagnis zumindest in künstlerischer Hinsicht auf ganzer Linie aus. Was vor allem daran liegt, dass man gar nicht erst versucht, den Kinohit „Knockin’ on Heaven’s Door“ sklavisch eins zu eins auf die Bühne zu übersetzen und sich bei der Musical-Adaption die eine oder andere bühnenwirksame Freiheit erlaubt.

Dies betrifft in erster Linie die Figur von Gangsterboss Frankie, der nun in Gestalt von Soul-Röhre Sidonie Smith für das weibliche Gegengewicht im sonst eher männerlastigen Roadtrip sorgt. Ihr hat das Komponisten-Duo Alex Geringas und Joachim Schlüter mit „Wo kann nur der Himmel sein“ unter anderem eine eindringliche Ballade zugedacht, deren tieferer Sinn sich in dramaturgischer Hinsicht allerdings erst im Finale offenbart. Trotz kleiner Überraschungen, die vor allem den Fans des Films auffallen dürften, bleibt der Fokus aber natürlich auch in der Bühnenfassung auf den beiden todgeweihten Krebspatienten Martin und Rudi. Sie flüchten gemeinsam aus dem Krankenhaus, um ihre letzten Tage noch einmal in vollen Zügen und ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz zu genießen. Und das, obwohl man nicht unbedingt von Freundschaft auf den ersten Blick sprechen kann.

Verkörpert wird das ungleiche Paar in Fürth von Dominik Hees und Jonas Hein, die sich auf der Bühne gegenseitig nichts schenken und einander in ihren Duetten immer wieder zu neuen stimmlichen Höchstleistungen pushen. Wobei es einem echt zu Herzen geht, wie Hees die kleinen Risse in der optimistisch lockeren Fassade seiner Rolle langsam wachsen lässt und schließlich seinen weichen Kern offenbart. Während Hein den umgekehrten Weg einschlägt und den schüchternen Rudi im Finale mit neu gewonnener Stärke und erhobenem Kopf dem unausweichlichen Ende entgegengehen lässt.

Stimmlich bewegen sich beiden absolut in ihrer Wohlfühlzone. Sei es in den nachdenklich ruhigen Momenten oder in den rockigeren Songs, die sich irgendwo zwischen „Rent“ und „Linie 1“ bewegen, daneben auch noch einen amüsanten Bonustrack für Möchtegern-Elvis Thomas Hohler parat halten. Eher musicalische Konfektionsware gibt es dagegen für das slapstickhaft durchs Geschehen stolpernde Gangsterpaar. Was aber nichts daran ändert, dass auch Detlef Leistenschneider und Pedro Reichert die Lacher des Publikums auf ihrer Seite haben. Und zum Glück übertreibt es Regisseur Gil Mehmert mit ihnen auch nicht allzu sehr. Denn selbst die etwas dick aufgetragenen Momente werden von ihm meist schnell wieder geerdet, womit er den schwierigen Balanceakt dieser Tragikomödie letztlich souverän meistert.

Tobias Hell

„Knockin’ on Heaven’s Door“ (2021) // Rock’n’Road-Musical (Musik: Alex Geringas und Joachim Schlüter)