„Fremde Erde“ ist die einzige Oper, die Karol Rathaus geschrieben hat. Nicht einmal in ambitionierten Opernführern schafft sie es über eine Erwähnung hinaus. Was nicht wirklich verwundert, wenn man bedenkt, wie schwer es die Werke etwa von Korngold, Schreker und vieler ihrer Zeitgenossen hatten, um aus dem dunklen Schatten wieder herauszutreten, den der Rassenwahn der Nazis über einen großen Teil der bis Anfang der 1930er Jahre entstandenen Meisterwerke warf.

Im Falle des 1895 in Tarnopol geborenen, 1938 in die USA emigrierten und 1954 in New York gestorbenen Schreker-Schülers Rathaus kommt hinzu, dass es seine im Auftrag von Erich Kleiber geschriebene und von ihm 1930 uraufgeführte Oper „Fremde Erde“ von Anfang an schwer hatte. Umso verdienstvoller ist jetzt der zweite Anlauf (einen ersten gab es vor 30 Jahren in Bielefeld), den das Theater Osnabrück mit einer Inszenierung von Jakob Peters-Messers in der Ausstattung von Markus Meyer unternimmt. Die Story (Libretto: Kamilla Palffy-Waniek) könnte zeitgemäßer kaum sein, geht es doch um die Suche von Menschen in existenzieller Not nach einer neuen Heimat.

Semjin (intensiv: Jan Friedrich Eggers) führt die Gruppe verzweifelter Litauer an, die nach einer beschwerlichen Überfahrt in den Salpeter-Minen Südamerikas ihr Heil suchen, aber die Hölle finden. Zwischen der Herrin der Minen Lean Branchista (mit dem Gestus einer Diva: Susann Vent-Wunderlich) und Semjin entspinnt sich eine Affäre, die natürlich scheitert, als er versucht, für seine Leute einzutreten. Als die Auswanderer in die Heimat zurückwollen, beharrt Semjin darauf, in der fremden Erde Wurzeln zu schlagen. So trist, wie die Geschichte mit dem Tod seiner verlassenen einstigen Braut Anschutka (Olga Privalova) endet, wird sie wohl eher sein frühes Grab.

Unter Leitung von Andreas Hotz entfaltet das Osnabrücker Symphonieorchester die großformatige Klangopulenz und zeitgeistige Expressivität, mit der Rathaus diese Geschichte des Scheiterns musikalisch ausgestattet hat. Zudem gelingt es der Regie und dem engagierten Protagonisten-Ensemble, die brutalen Ausbeutungsverhältnisse plastisch zu machen. Allein schon der Container, in den alle bei der Überfahrt gezwängt sind, schlägt einen Bogen in die Gegenwart, der bedrückend ist. Alles in allem eine Ausgrabung, die unbedingt lohnt!

Dr. Joachim Lange

„Fremde Erde“ (1930) // Oper von Karol Rathaus

Infos und Termine auf der Website des Theaters