Landshut / Landestheater Niederbayern (April 2022) Wagners „Walküre“ setzt den Niederbayerischen „Ring“-Zyklus fort
Schon 2016 ließ das Landestheater Niederbayern mit einer Neuinszenierung von Richard Wagners „Tristan und Isolde“ in Landshut aufhorchen. Nach diesem Erfolg beschloss Intendant Stefan Tilch, auch den „Ring des Nibelungen“ in Szene zu setzen. 2019 feierte „Das Rheingold“ Premiere, nun geht es nach zweijähriger Covid-Verzögerung mit der „Walküre“ weiter. Und die gerät zum beglückenden Erlebnis. Was nicht zuletzt an einer sich weitgehend aus dem Stück heraus definierenden, unprätentiösen und auf Wagners untrügliches Gespür für großes Musiktheater vertrauenden Herangehensweise liegt. Mit beschränkten Mitteln kreieren Regisseur Tilch, Bühnenbildner Karlheinz Beer und Kostümbildnerin Ursula Beutler einen spannenden und emotional berührenden Abend. Florian Rödl liefert dazu behutsame, stets szenisch interpretativ eingesetzte Videos, Sunny Praschs Choreografie rundet die exzellente Personenregie ab.
Das „Rheingold“-Bühnenbild einer Bibliothek als Walhall wird fortgeführt und bildet in diversen Anordnungen die Basis für die Inszenierung. Siegmund und Sieglinde finden in einem sich zum emotionalen Rausch steigernden ersten Aufzug zueinander. Wotan wird bei der Schwertgewinnung (zwei Stahlkrallen) übermächtig hinter Siegmund sichtbar – eindrucksvoll! Fricka ist eine poppige, fesche junge Frau, die genau weiß, was sie will, und ihrem ebenfalls jungen Mann den Eid schneidig abgewinnt. Ihr extravagantes Kostüm ist ebenso apart wie die der Walküren in Weiß mit schwarzer, mystischer Ornamentik attraktiv und jenes von Wotan mit Wolfsfell stimmig. Gar nicht in die Ästhetik dieser Bilder passen die Handys der Walküren und die damit im zweiten Aufzug per WhatsApp projizierten derb-politischen Sprüche gegen die Energiepolitik in Niederbayern. Dann dürfte Hunding nicht mit einem vorsintflutlichen Hammer herumlaufen …
Peggy Steiner singt und spielt eine einnehmende Sieglinde. Der junge Einspringer Aaron Cawley passt als kämpferischer Siegmund bestens zu ihr, nicht immer intonationssicher, aber kraftvoll. Stephan Bootz verkörpert einen beeindruckend engagierten Wotan mit langem Atem für den dritten Aufzug. Yamina Maamar ist eine emphatisch agierende und wohlklingende Brünnhilde, Judith Gennrich die fordernde Fricka und Heeyun Choi ein rustikaler, kraftvoller Hunding. Das Oktett klingt im Ensemble gut. All diese Stimmen würden auch im Landshuter Theaterzelt keine Verstärkung durch Mikroports benötigen. Als die Verbindung bei Fricka im zweiten Aufzug abreißt, kann man hören, wie viel authentischer und intimer ihr vokaler Vortrag gerät.
Basil H. E. Coleman dirigiert die auf 61 Musiker im weiten Graben verstärkte Niederbayerische Philharmonie mit dynamischen Tempi und treffender Akzentuierung der dramatischen Momente, aber auch feiner Herausarbeitung der subtilen zwischenmenschlichen Szenen. Eine großartige musikalische Leistung.
Dr. Klaus Billand
„Die Walküre“ (1870) // Erster Tag des Bühnenfestspiels „Der Ring des Nibelungen“ von Richard Wagner