Düsseldorf / Deutsche Oper am Rhein (Februar 2025) „Lady Macbeth von Mzensk“ erhebt Schostakowitschs Musik zum Protagonisten
Natürlich hat Stalins Urteil „Chaos statt Musik“ der Oper über die Kaufmannsfrau Katerina Ismailowa mehr genützt als geschadet – zumindest auf lange Sicht. Wenn einem allmächtigen Diktator etwas so missfällt, dann muss es subversives Potenzial haben: also bedeutende Kunst sein. Die Russen jedenfalls, die das Werk in den zwei Jahren zwischen der Leningrader Uraufführung 1934 bis zur Verbannung von den Bühnen kennenlernten, waren begeistert. Wohl, weil sie sich verstanden fühlten. Heute, 50 Jahre nach dem Tod des Komponisten, hat seine „Lady Macbeth von Mzensk“ einen Stammplatz im Repertoire. Auch dank der Düsseldorfer Oper, an der sie 1959 das erste Mal auf einer deutschen Bühne zu sehen war.
Elisabeth Stöppler lässt in ihrer Inszenierung dem aus Belarus stammenden Chefdirigenten an der Deutschen Oper am Rhein, Vitali Alekseenok, allen Raum, um mit den Düsseldorfer Symphonikern die grandiose Musik Schostakowitschs zum wichtigsten Protagonisten dieser Produktion zu erheben. Das gilt für die Orchesterpassagen, aber auch für das dramatische Parlando. Manchmal nimmt Stöppler sich vielleicht sogar etwas zu sehr mit ihrer Bildsprache zurück. Bei der Hochzeitsszene etwa, wenn der Pope die Sonne hochleben lässt (als wäre er der Generalissimus im Kreml), oder bei der Groteske auf der Polizeistation. Andererseits hätte man die orgiastische Musik zur Liebesnacht von Katerina und ihrem körperlich und stimmlich vor Vitalität strotzenden Liebhaber Sergej (Sergey Polyakov) nicht unbedingt mit einer gerade noch erkennbaren schnellen Nummer an der Tür illustrieren müssen. Hier ist die Musik so überdeutlich, dass man staunt, wie sie der Sowjet-Zensur seinerzeit durch die Lappen gehen konnte.
Annika Haller verzichtet für ihr fast schon abstraktes Zimmerlabyrinth unter einem Neonrahmen auf jede naturalistische Folklore. Sie beschränkt sich stattdessen mit geradezu klinischer Sterilität auf einen exemplarischen Raum. Das Rattengift für den übergriffigen (und bei Andreas Bauer Kanabas stimmgewaltigen) Schwiegervater lässt sich ebenso in einer modernen Küche unter die aufgewärmten Pilze mischen. Auch für die verpackte Leiche des aus dem Weg geräumten Ehemanns Sinowij (Jussi Myllys) findet sich da ein, wenn auch schlecht getarntes, Plätzchen. Der tote Schwiegervater geistert ohnehin wie das personifizierte schlechte Gewissen des Mörderpärchens durch die Szenerie. Der Marsch in die Verbannung wird in dieser Einheitsbühne – eher in oratorischer Formation – zelebriert. Als Katerina wird Izabela Matula zum vokalen und darstellerischen Kraftzentrum inmitten des durchweg fabelhaften Ensembles. Zudem ist ab und zu ein Dutzend Musiker mit seinen Trompeten und Posaunen auf der Bühne oder im Rang nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen.
Roberto Becker
„Леди Макбет Мценского уезда“ („Lady Macbeth von Mzensk“) (1934) // Oper von Dmitri D. Schostakowitsch
Infos und Termine auf der Website der Deutschen Oper am Rhein