Erich Wolfgang Korngold (1897-1957) darf man getrost ein Wunderkind nennen. Der Geniestreich, mit dem er sich 1920 in seiner Profession gleich ganz vorne anstellte, „Die tote Stadt“, hat es längst zurück ins Repertoire geschafft. Auch „Das Wunder der Heliane“. Und sogar für den „Ring des Polykrates“ des 18-Jährigen gab es schon Bühnenehren, inklusive Publikumserfolg. Dass sich der von den Nazis aus Deutschland Vertriebene in Amerika als Filmmusikkomponist verdingte, ist bekannt. Dass er sich freilich 1946 auch an einer Operette versuchte, ist eher was für Spezialisten.

Die Komödie mit Musik „Die stumme Serenade“, die erst 1954 in Dortmund szenisch uraufgeführt wurde, unterzog jetzt in Lübeck Regisseur Michael Wallner einem revuehaft inszenierten Praxistest. Heinz Hauser (Bühne) und Aleksandra Kica (Kostüme) sorgen mit verschiebbaren Spiegelwänden und opulenten Kostümen für den luftigen Rahmen eines durchgeknallten Hin und Her, bei dem Lovestory und Staatsstreich miteinander vermischt sind.

Modeschöpfer Andrea Coclé (exzentrisch präsent: Steffen Kubach) und Ministerpräsident Benedetto Lugarini (Rudolf Katzer) konkurrieren um die Gunst der divenhaften Schauspielerin Silvia Lombardi (Amelie Müller). Der Modeschöpfer kommt wegen der titelgebenden stummen Serenade zur Nachtzeit vorm Balkon der Angebeteten in Verdacht, deren Entführung im Schilde und einen Bombenanschlag auf den Regierungschef ausgeführt zu haben. Sozusagen auf einen Atem wird der Beklagte dann zum Tode verurteilt und kurz danach selbst Ministerpräsident. Das Personaltableau wird mit Reporter und Probierdame, Richter, Pater und Polizeichef angereichert – am Ende bekommt die personifizierte Anarchie, ganz gendereifrig, den Namen Carla Marcelini (Elisa Pape).

Schließlich taumelt alles auf ein Happy End zu. Komödie als Gesellschaftssatire gehört zum Kerngeschäft der Operette. Die ziemlich abstrusen jähen Wendungen des Librettos retten sich immer gerade noch rechtzeitig in Situationskomik, stehen einem geschmeidigen Ablauf per Nummernfolge aber auch im Wege.

Da Korngolds zündende Musiknummern dank Paul Willot-Förster und den Musikern des Philharmonischen Orchesters der Hansestadt Lübeck in besten Händen sind, bahnen die sich allemal auf eigene Faust ihren Weg ins Publikum. Von dem werden sie dankbar aufgenommen. Eine interessante Ausgrabung – aber auch nicht annähernd mit den Chancen der „Toten Stadt“ auf einen Platz im Repertoire.

Dr. Joachim Lange

„Die stumme Serenade“ (1946) // Komödie mit Musik von Erich Wolfgang Korngold

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