Als derzeit einziges Theater bringt die Musikalische Komödie Emmerich Kálmáns Operette „Das Veilchen vom Montmartre“ (vor ausverkauftem Haus). Die Handlung ist schnell erzählt: Drei erfolglose Künstler leben in ärmlichen Verhältnissen zusammen. Sie opfern ihr letztes Geld, um das Mädchen Violetta, genannt Veilchen, aus den Fängen ihres Vormunds zu befreien. Plötzlich wendet sich das Blatt und Violetta entpuppt sich als entführte Komtesse.

Szenisch setzt die Handlung in Form eines alten Films ein, mit allmählicher Titeleinblendung. Die Bühne (Leif-Erik Heine) besteht aus Versatzstücken aus Paris und vom Montmartre, so aus einem großen Aktportrait von Ninon, zwei Treppen, mehreren Häuserfronten, einem Fliederbaum sowie verschiedenen Street-Art-Kunstwerken des Malers Raoul, die alle Ninons Antlitz zeigen. Der zweite Akt entpuppt sich als revuehaft mit großer Showtreppe, der dritte spielt im Theatre Vaudeville mit rotem Vorhang und goldenen Statuen.

Beeindruckend sind die stimmlich-schauspielerischen Leistungen der Mitwirkenden. Besonders hervorstechend Adam Sanchez als bekleckster Maler Raoul Delacroix mit schmelzend-strahlendem Tenor – auch darstellerisch und bildlich die perfekte Verkörperung der Partie. Dies gilt ebenso für das Zweigespann Christina Maria Fercher und Mirjam Neururer als Violetta. Da Neururer unpässlich ist, spielt sie ihre Rolle und spricht die Dialoge, wird aber in allen Gesangspartien von Fercher von der Seitenbühne gesanglich vertreten. Die an der Staatsoperette Dresden engagierte Sopranistin bezaubert mit einer operettenhaft leichten, beschwingt-hellen Stimme und flüssig-fließenden Koloraturen, was auch vom Publikum begeistert honoriert wird. Mirjam Neururer spielt in lila Strickpullover und Zipfelrock gekonnt ein naives, einfaches, aber herzensgutes Mädchen. Als Burlesque-Tänzerin Ninon fasziniert Olena Tokar mit langen blonden Haaren und scheinbar nackt, später im spektakulären Zeitungskleid und elegant als Ministergattin. Sie überzeugt mit dunklerem Timbre, großem Volumen, wenn auch bei undeutlicher Diktion. Justus Seeger als Henry Murger und Andreas Rainer als Florimond Hervé bestechen in jeder Hinsicht. Humorvoll affektiert Milko Milev als Pisquatschec im Nadelstreifenanzug und mit Aktentasche. Michael Raschle als Vormund Parigi, in heruntergekommener Kleidung und mit langem Bart, fehlt leider teilweise das Stimmvolumen.

Faszinierend die ansprechenden, humorvollen Choreografien (Kati Heidebrecht) von Chor und Ballett sowie des Ensembles. Beschwingt, leicht und stark rhythmisch unter Bigband-Anklängen interpretiert Tobias Engeli die Partitur gemeinsam mit dem Orchester der Musikalischen Komödie. Einschlagende Witze sind u.a. das genderhafte „Kolleg*innen“ und die sich ungewollt auflösende Frisur eines Tänzers, was das Publikum in Ekstase bringt. Leif-Erik Heines Blumenkostüme des dritten Aktes sorgen in ihrer Farbigkeit für gute Laune und ein bunt-blumiges Spektakel. Eine überzeugende Inszenierung von Ulrich Wiggers, die sich nach der Pause steigert und spannungsgeladener als der blasse erste Akt, mitreißend und beschwingt vorüberrauscht.

Dr. Claudia Behn

„Das Veilchen vom Montmartre“ (1930) // Operette von Emmerich Kálmán