Die auf eine Initiative von Alfredo Kraus, dem großen Sohn von Las Palmas, zurückgehenden Amigos Canarios de la Ópera beginnen ihre bereits 56. Saison im wunderschön renovierten Opernhaus Pérez Galdós, das man getrost ein kanarisches Opern-Kleinod nennen kann. Die Premiere von Umberto Giordanos „Fedora“ wird ein voller Erfolg. Daniele Piscopos geschmacksvoll auf die Zarenzeit und das entsprechende Flair um Fedora in St. Petersburg abstellende Inszenierung, die Bühnenbilder von Carlo Antonio de Lucia und Riccardo Roggiani sowie die subtile Lichtregie von Iban Negrín können die enorme emotionale Tiefe dieses Meisterwerks voll realisieren.

Schon mit dem kurzen Vorspiel unterstreicht Francesco Ivan Ciampa am Pult des Orquesta Filarmónica de Gran Canaria, dass er mit den bestens vorbereiteten Musikern tief in die gefühlsintensive Beziehungswelt von Fedora und Loris eindringen wird. Immer wieder sorgt das herrliche Liebesmotiv, welches der Arie „Amor ti vieta“ unterliegt, für starke emotionale Momente, natürlich auch mit dem Intermezzo am Ende des zweiten Akts. Die Tempi stimmten perfekt – große Harmonie zwischen Graben und Bühne.

Was den Abend aber erst zu einem nahezu als musikdramatisch zu bezeichnenden Erfolg werden lässt, ist das exzellente Sängerensemble. Saioa Hernández interpretiert die Titelrolle mit dramatischer Intensität und Mimik in allen Facetten ihrer durch größte Höhen und Tiefen gehenden Rolle. Mit ihrem klangvollen, dramatischen Sopran meistert sie alle vokalen Anforderungen. Ihr Liebesbekenntnis zu Loris wird – auch dank dessen vokaler Steigerungen – zum ergreifenden Höhepunkt des Abends. Jonathan Tetelman ist mit seiner Größe und aristokratischem Aussehen ein stattlich wirkender und souverän agierender Loris, der ebenfalls viel emotionale Intensität in die Partie einbringt und die finale Katastrophe erschütternd darstellt. Sein äußerst kraftvoller Tenor ist technisch perfekt geführt und hat auch mit den dramatischsten Ausbrüchen der Rolle keinerlei Probleme. Allein Tetelmans Timbre klingt bisweilen etwas metallisch und damit zu unterkühlt, um Loris die auch wünschenswerte Wärme und Gefühlskraft zu geben.

Eine kleine Sensation ist die junge Carolina López Moreno als Olga, die stimmlich mit einem farbenreichen, lyrischen Spinto-Sopran der Rolle schon etwas entwachsen scheint, aber umso intensiver und authentisch vielseitig einen unterhaltsamen Gegenpol zur Dramatik der beiden Protagonisten gibt. Alfredo Daza singt und spielt sehr engagiert einen guten Siriex, Fernando Campero beeindruckt als Gretch und Patricia Illera als Dimitri und Savoiardo. Borja Mariño spielt als Lazinski gekonnt am Flügel. Der gute Chor des Opernfestivals wurde von Olga Santana einstudiert.

Dr. Klaus Billand

„Fedora“ (1898) // Melodramma von Umberto Giordano