„Auch die Pause gehört zur Musik“, zitiert Intendant Thomas Enzinger Stefan Zweig. „Es sind die kurzen kraftvollen Momente des Innehaltens, die Kraft verleihen, und gerade in herausfordernden Zeiten wie diesen ist es umso bedeutender, Geist und Seele Atem holen zu lassen. So wie das Lehár Festival eine Pause für die Seele ist.“ Für solches Abschalten vom Alltäglichen erweist sich die Premiere von „Madame Pompadour“ zum 150. Geburtstag von Leo Fall als gutes Rezept. Franz Lehár hatte einst auf die Frage, ob er einen Konkurrenten habe, geantwortet: „Ja, das ist der Fall.“

Enzinger inszeniert einen heiteren Bühnenspaß voller Temperament, wirbelndem Tanzvergnügen, Amüsement und gewitzter Komik, gespickt mit parodierenden Elementen. Die Geschichte dreht sich um die historische Madame Pompadour, Mätresse des französischen Königs Ludwig XV. Es ist Fasching in Paris, wo die selbstbewusste Marquise de Pompadour dem Hofleben entflieht, indem sie sich unerkannt unters Volk mischt. Im „Musenstall“, einer gewöhnlichen Spelunke, trifft sie auf Graf René und dessen Freund, den Dichter Joseph Calicot, der ein Spottlied auf die Mätresse des Königs verfasst hat. Diesen beiden Schwerenötern verdrehen die Marquise und ihre Kammerzofe Belotte gewitzt den Kopf.

Fall schrieb die Partie der Pompadour für die damalige Diva Fritzi Massary: „Durch den Rokoko-Schleier erzählt die Geschichte von einer selbstbewußten Frau der Zwanziger Jahre.“ Erik Charell schuf später eine Umarbeitung zur Revue. Die Ischler Premiere bietet auf musikalischer Seite eine neu arrangierte Fassung als Revue-Operette von Matthias Grimminger, Henning Hagedorn und Dirigent Christoph Huber. Es wurden Saxophon, Banjo, Sousaphon und Jazz-Schlagzeug hinzugefügt und die Blechbläser mit zeitgenössischen Jazz-Dämpfern versehen. Das Ergebnis: sprühende Klanglust, von den Tänzern flott beweglich umgesetzt (Choreografie: Evamaria Mayer), dazu in passender Ästhetik das szenische Ambiente (Sabine Lindner) und die historisch stilisierten Kostüme (Sven Bindseil).

Geschickt verblendet der Regisseur komödiantischen Witz mit Parodie und Kabarett-Einschüben, lässt unterschwellig aktuelle Bezüge in die Dialoge einfließen und bringt die Mischfarben zu einer gelungenen Einheit. Als distinguierter Haushofmeister ist Enzinger selbst mit von der Partie. Die Marquise de Pompadour findet in Julia Koci eine ideale Verkörperung. Die Sopranistin agiert mit Eleganz und selbstbewusster Präsenz und singt mit wohllautender, gut geführter Stimme. Die bekannten Couplets „Heut’ könnt’ einer sein Glück bei mir machen“ oder „Ich bin dein Untertan“ macht sie zu gesanglichen Höhepunkten. Im Duett „Joseph, ach Joseph, was bist du so keusch?“ werden sie und Kaj-Louis Lucke (Dichter Calicot) gemeinsam in der Badewanne zu heftig beklatschten Publikumslieblingen. Maximilian Mayer ist mit ansprechendem Tenor der glühende Verehrer der Marquise, Loes Cools agiert und singt mit Witz als Kammerzofe Belotte. König Ludwig (Claudiu Sola) favorisiert eine kesse Sohle aus Stepptanz-Elementen, während Alfred Rauchs Polizeiminister Maurepas immer und überall „schläuer“ ist. Christoph Huber am Pult bringt das Franz Lehár-Orchester mit zündendem Elan zum Klingen.

Elisabeth Aumiller

„Madame Pompadour“ (1922/2023) // Operette von Leo Fall in einer jazzigen Revue-Fassung für großes Orchester von Matthias Grimminger, Henning Hagedorn und Christoph Huber