Mit Paul Abrahams „Ball im Savoy“ begann Barrie Kosky an der Komischen Oper Berlin seine wundersame Entdeckungsreise in die Gefilde der Unterhaltungskultur um 1930. Sie leitete eine nachhaltige Rehabilitation dieses im Dritten Reich verfolgten, im amerikanischen Exil psychisch unheilbar erkrankten jüdischen Komponisten ein: Nicht nur „Viktoria und ihr Husar“, „Die Blume von Hawaii“ und eben „Ball im Savoy“, seine drei damals besonders populären Operetten, schmücken regelmäßig die Spielpläne deutschsprachiger Bühnen, auch das 1934 in Wien uraufgeführte musikalische Lustspiel „Märchen im Grand-Hotel“. Im Staatstheater Cottbus sorgt es jetzt in einer aus Nürnberg übernommenen, teilweise überarbeiteten Produktion für den umjubelten Saisonausklang – in der Regie von Otto Pichler, der als Choreograf in Koskys Stammteam wesentlich zum Erfolg der Operetten-Revivals beitrug.

Das Stück beginnt in Hollywood, wo Filmproduzent Sam Makintosh nach einer neuen Story mit Happy End sucht. Daher reist Tochter Marylou in ein mondänes Grand-Hotel an der Côte d’Azur, in dem die von Geldsorgen geplagte spanische Prinzessin Isabella mit ihrer Entourage residiert. Als sich Albert, der als Kellner arbeitende Sohn des Hotelbesitzers, unstandesgemäß in sie verliebt, sind turbulente Verwicklungen vorprogrammiert. Im Finale finden Adel und neureiches Bürgertum zueinander und Marylou hat ihren Plot.

In Jan Freeses Bühnenbild trifft amerikanische Filmwelt auf europäische Historie. Ein im Hintergrund thronender Riesenaffe symbolisiert Hollywood – „King Kong“, der legendäre Horrorschinken von 1933, lässt grüßen –, während im Hotelsaal Fragonards Rokokogemälde „Die Schaukel“ auf die kommenden amourösen Wirrungen einstimmt. Otto Pichler lässt die Geschichte mit überbordender Vitalität ablaufen und nutzt jede Gelegenheit für effektvolle Revue-Einlagen, die, ob Burlesque-Show oder energetische Steppnummer, eine Steilvorlage für das Cottbusser Ballett sind. Albert alias Jörn-Felix Alt, in jeder Geste ein Romantiker, macht der Infantin auf so treuherzig-unbeholfene Weise den Hof, dass ihm alle Sympathien zufließen. Anna Martha Schuitemaker bietet vokale Noblesse und überspielt Isabellas Gefühlschaos mit hochmütigem Glamour. Hardy Brachmann, Heiko Walter, Andreas Jäpel und Jens Janke erweisen sich als Komiker ersten Ranges, übertroffen noch von Gesine Forberger. Die Sopranistin, sonst oft im dramatischen Fach eingesetzt, demonstriert als Hofdame, dass sie auch kabarettistische, erotisch unterfütterte Vortragskunst mit pointierter Sprachkultur beherrscht. Bleibt Marylou. Maria-Danaé Bansen scheint direkt vom Broadway eingeflogen zu sein. Wie ein Wirbelwind fegt sie über die Bühne, singt und tanzt mit grenzenloser Energie, sodass jeder ihrer Auftritte zum Showstopper gerät. Das Philharmonische Orchester des Staatstheaters unter Leitung von Johannes Zurl bringt Abrahams unwiderstehliche Melange aus europäischem Operettenschmelz und swingendem Jazz locker und fetzig über die Rampe. Kurzum: Cottbus hat seine Operetten-Attraktion.

Karin Coper

„Märchen im Grand-Hotel“ (1934) // Lustspiel-Operette von Paul Abraham

Infos und Termine auf der Website des Staatstheaters Cottbus