Salzburg / Salzburger Landestheater (September 2023) Rossinis „Il barbiere di Siviglia“ vereint Parodie und Gefühligkeit
Schauspieler Gregor Bloéb inszeniert erstmals am Salzburger Landestheater. Mit Gioachino Rossinis beliebtester und meistgespielter Komödie „Il barbiere di Siviglia“ gelingt ihm ein Opernabend spritziger und amüsanter Unterhaltung. Das junge, bewegliche Ensemble setzt die Komödiantik mit großer Spielfreude und viel Elan musikalisch und darstellerisch anschaulich um, zeigt sich witzig, virtuos und italienisch textfreundlich. Das teils parodierende, teils gefühlige Verwirrspiel um den Grafen Almaviva und seine diversen Versuche, die von ihm geliebte Rosina mit Hilfe seines Faktotums Figaro der Kontrolle ihres Vormunds Bartolo zu entziehen, hat bekanntlich Beaumarchais’ Figaro-Trilogie als Vorlage.
Die Handlung findet einzig in den Mienen, der Körpersprache, dem gesanglichen Ausdruck und in der gut gesungenen und verständlichen Textbehandlung des Ensembles statt. Dieses liefert ein überzeugend munteres Spielszenario. Dabei mischen auch Anklänge an die Commedia dell’arte mit weißen Gesichtsmasken, Halskrausen oder so mancher Harlekinade mit. Szenische Garnierung voller Gags und Ausstattungsvielfalt vermisst man nicht, die schlichten Fantasiekostüme passen ins Bild. Die Kulissen aus diversen ungeordneten Versatzstücken aus weißer durchscheinender Gaze mögen indes Rätsel aufgeben. Da gibt es bewegliche Quadrate, Drehtüren, Leitern und Stangen, auch ein angedeutetes Labyrinth, alles ohne sichtliche Anordnung oder Sinnfälligkeit, was aber nicht verstörend wirkt und die Darsteller davor sogar plastischer erscheinen lässt (Ausstattung: Laura Malmberg und Paul Sturminger).
George Humphreys findet im Figaro eine Glanzrolle, ist Drahtzieher und Mittelpunkt des Geschehens, witzig, wendig, gesanglich präsent und deutlich in der Aussprache. Eine ansprechende Leistung, die mit viel Applaus bedacht wird. Theodore Browne stattet den Grafen Almaviva mit hohem, hellem Tenor und klingenden Spitzentönen gut aus, sein Einsatz ist auch darstellerisch gefordert im Wechsel zwischen Parodie und Liebeswerben. Rosina findet in Mezzosopranistin Katie Coventry eine selbstbewusste, pfiffige junge Frau, die weiß, was sie will und auch gesanglich klingende Meriten aufzuweisen hat. Bartolo, Rosinas Vormund, ist Daniele Macciantelli, der eine bühnenpräsente Persönlichkeit mit warm klingendem Bass und darstellerischer Wendigkeit vorstellt. Auch Martin Summer als Basilio lässt seinen Bass in seiner Arie „La calunnia è un venticello“ mächtig rollen und grollen. Hazel McBain gibt die aufmüpfige Dienerin Berta mit strahlenden Sopranhöhen.
Am Pult des Mozarteumorchesters Salzburg feiert Dirigent Carlo Benedetto Cimento seinen Einstand als neuer 1. Kapellmeister und erweist sich als Glücksfall. Unter seiner Leitung wird Rossinis Musik in allen Facetten zum vielfarbigen Klingen gebracht. Rasche Tempi in vielen unterschiedlichen Schattierungen und dynamischer Vielfalt machen Rossinis Motorik zum überzeugenden Klangereignis. Der Dirigent weiß auch Zäsuren zu setzen und den Sängern einen feingewebten lyrischen Klangteppich zu bereiten. Am Ende große Begeisterung für einen unterhaltsamen und fabelhaft musizierten Opernabend.
Elisabeth Aumiller
„Il barbiere di Siviglia“ („Der Barbier von Sevilla“) (1816) // Melodramma buffo von Gioachino Rossini
Infos und Termine auf der Website des Salzburger Landestheaters