Offenbachs „Banditen“ aus dem Jahre 1869 sind eher selten auf den Bühnen anzutreffen. Dabei ist der Großmeister der Operette mit seiner spritzig zündenden Musik hier ganz bei sich. Karsten Januschke bringt das relativ klein besetzte Frankfurter Opern- und Museumsorchester auf Touren und schafft es, seinem Publikum einen veritablen musikalischen Operetten- bzw. (korrekter) Opéra-bouffe-Schwips zu verpassen. Dem stellen sich Katharina Thoma (Regie), Etienne Pluss (Bühne), Irina Bartels (Kostüme) und vor allem Katharina Wiedenhofer (Choreografie) nicht in den Weg, sondern voll an die Seite. Timing und Rhythmus, mit denen das Ensemble bei der Sache ist, stimmen durchweg.

Gerard Schneider führt als Hauptmann Falsacappa seine Bande mit Tenorschmelz und darstellerischem Charisma wie ein Familienunternehmen. Elizabeth Reiter ist mit durchtriebenem Charme dessen Tochter Fiorella. Die verliebt sich in den ausgeraubten Bio-Bauern (!), der den Beruf wechselt. In dieser Hosenrolle geht Kelsey Lauritano als erstes gleich ein Kabinettskurier ins Netz, der einen Hochzeitsdeal zwischen den Höfen in Mantua und Granada (im Operetten-Europa haben die eine gemeinsame Grenze!) einfädeln soll. Mit den drei Millionen, die die Italiener den Spaniern in dem Zusammenhang (zurück-)zahlen sollen, wollen sich die Banditen selbst sanieren. Ein Plan, der die rechtschaffenen Banditen fast an den Galgen bringt …

Die Räuber hausen zunächst in einem Gebirgstal unter einer Autobahnbrücke an der Grenze zwischen Operetten-Spanien und Operetten-Italien. Dort befindet sich auch das Gasthaus, wo sie erst in die Rolle der Wirtsleute, dann der Italiener, schließlich der Spanier schlüpfen, um schließlich am schäbigen Hof von Mantua in deren Namen abzukassieren.

Bei der Erklärung, woher die Sympathie für die Räuber im Stück rührt, bedarf es kaum einer überdeutlichen Aktualisierung der Geschichte. Da reicht schon eine EU-Flagge und der Auftritt des korrupten italienischen Schatzmeisters. Für die berühmte Frage, was ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank sei, hat auch das Publikum der bundesdeutschen Bankenmetropole schlechthin natürlich seine eigene Antwort parat.

Da in Operetten-Herzogtümern nicht so schnell gehenkt wie betrogen wird, löst sich am Ende durch einen staatlichen Gnadenakt alles in Wohlgefallen auf. Jetzt wechseln die Räuber die Seiten. Oder nur in eine benachbarte Branche? Jedenfalls wissen wir am Ende, warum uns Falsacappa und Co. von Anfang an sympathischer waren als die diversen Hofschranzen und Schatzmeister. Das Publikum ist hochzufrieden.

Roberto Becker

„Les brigands“ („Die Banditen“) (1869) // Opéra bouffe von Jacques Offenbach in einer neuen deutschen Fassung von Katharina Thoma

Infos und Termine auf der Website der Oper Frankfurt