Erl / Tiroler Festspiele Erl (April 2025) Wagners „Parsifal“ im Zeichen der Musik
Mit Spannung erwartet wurde der erste Bühnenauftritt von Neu-Intendant Jonas Kaufmann bei „seinen“ Tiroler Festspielen. Dass er dafür zu Ostern den „Parsifal“ in einer spirituell-abstrakten Inszenierung von Philipp M. Krenn aufs Programm setzt, passt zur neuen Erler Programmatik. Diese will sich insgesamt an den „guten“ Traditionen des Opernbetriebs orientieren, auf überbordendes Regietheater verzichten und – nichts anderes würde man von einem Sängerintendanten erwarten – die Musik in den Mittelpunkt stellen. Was überzeugend gelingt.
Nicht nur Kaufmann selbst in der Titelpartie, auch alle anderen Solistinnen und Solisten warten mit Weltklasse-Leistungen auf. Kundry Irene Roberts lässt keinen Zweifel an ihren vorhandenen Qualitäten als Verführerin und demonstriert kraftvoll-sinnlich die hervorragende Akustik des Raums. Dass sie dabei dauernd im Wasser planschen und am Ende (etwas früh!) abtauchen muss – die Regie platziert einen Pool mitten auf der Bühne – scheint sie überhaupt nicht zu stören. Ebenfalls beeindruckend gerät das Rollendebüt von Georg Nigl als Klingsor, der seiner bizarren Figur einen stimmlich-kraftvollen Stempel aufdrückt. Und gleich noch eine weitere Leistung sticht hervor: Michael Nagy ist als leidender Amfortas (in Krenns Inszenierung im Rollstuhl) eine akustisch wie optische Erscheinung mit extremer gestalterischer Variabilität, wodurch selbst etwas langatmige Passagen in der Partitur nie an Spannung verlieren. Auch Brindley Sherratt hält den hohen Erwartungen stand und fügt sich als stimmgewaltiger, „tönender“ Gurnemanz perfekt ins Ensemble ein. Clive Bayley schließlich komplettiert die Solistenriege als König Titurel mit seiner kraftvollen Bass-Stimme.
Einzig Asher Fisch am Pult des Orchesters der Tiroler Festspiele hätte man vor allem im ausladenden ersten Akt etwas mehr „Feuer“ und deutlichere Akzentuierungen gewünscht – nicht nur, weil die riesige Besetzung mit sieben (!) Kontrabässen den fulminanten Wagner-Klang wirklich feiert. Szenisch und akustisch zuverlässig „auf und hinter der Bühne“ agiert der festivaleigene Chor, einstudiert von Olga Yanum.
Erfreulicherweise drängt sich das Regiekonzept dieser musikalisch so starken Produktion nicht in den Vordergrund. Krenn verzichtet auf eine allzu eigenmächtige Interpretation und erzählt die Geschichte geschickt, ästhetisch anmutig und „logisch zur Musik“. Die helle, abstrakte Bühne von Heike Vollmer ist geprägt von großen, mechanisch bewegbaren, weißen Elementen, die aussehen wie das Festspiel-Logo. Kundry erscheint zunächst in Pastellfarben-Braun, später auch im weißen Kleid, die Blumenmädchen-Szene präsentiert sich insgesamt mehr knallbunt als erotisch, aber ansprechend. Einzig Parsifal setzt im jungenhaften, dunklen Hoody-Jeans-Outfit farblich kontrastierende Akzente. Erst gegen Ende, nach aufwendig zelebrierter heiliger Waschung, darf er sich ebenfalls ein weißes Outfit anziehen (Kostüme: Regine Standfuss). Nicht zu vergessen das dominierende Bühnenelement der Inszenierung und deren optischer Mittelpunkt: der Pool – vielleicht im Laufe des Stücks etwas zu sehr strapaziert. Unbedingt und nichtsdestotrotz ein sehr gelungener Auftakt in die Erler Festspielsaison, der Lust macht auf mehr.
Iris Steiner
„Parsifal“ (1882) // Bühnenweihfestspiel von Richard Wagner