Im idyllisch in der Rudolstädter Gegend gelegenen Liebhabertheater, gegründet von Carl von Stein, dem Sohn von Goethes Freundin Charlotte, findet alljährlich ein Sommerfestival am authentischen Ort historischer Aufführungspraxis statt: gehörig zu Schloss Kochberg, umgeben von einem schönen Landschaftspark und in ländlicher Umgebung verortet. In diesem Jahr steht das Festival unter dem Thema „Lebenskunst“. Um Lebenskunst geht es auch im Opern-Pasticcio „Auf der Suche nach der besten Welt“, in einer thematischen Verbindung bis zur Gegenwart, kreisend um das Leben im Krieg, in Krisen und Klimakatastrophen. Es ist eine Koproduktion des Liebhabertheaters Schloss Kochberg und der lautten compagney Berlin, produziert von Silke Gablenz-Kolakovic, der Ur-ur-ur-Enkelin Carl von Steins.

Die Handlung, geschrieben von Regisseur Nils Niemann, Spezialist für szenische Aufführungspraxis und barockes wie klassisches Theater, besteht aus Briefen und den Lebenserinnerungen des Theatergründers Carl von Stein (1765-1837), der auch selber auf der Bühne durch sein Leben und seine Zeit führt. Schauspieler Harald Arnold, der auch schon als Sänger in Erscheinung getreten ist, interpretiert diese Partie hervorragend in Sprechweise, mimischem Ausdruck und schauspielerischer Aktion bis hin zu kleinen Gesangseinlagen. Der wahre Carl von Stein war es auch, der das seiner Familie gehörende Rittergut von 1796 bis 1830 in einen Musenhof verwandelte. Aber auch auf sein Leben hatten Krisen, der Napoleonische Krieg und Missernten wie Hungersnöte, aber auch die eigene Verschuldung Einfluss. Über diese von außen auf Carl von Stein einwirkenden Gegebenheiten wird der Faden in die Gegenwart gespannt.

Darum ranken sich wie Blumen die 22 einzelnen, passend zum Handlungsverlauf arrangierten und oftmals zu Unrecht unbekannten Arien, Duette und instrumentalen Musikstücke der barocken, klassischen und romantischen Komponisten. Es erklingen, neben Instrumentalstücken, Ausschnitte aus den Singspielen „Der Dorfjahrmarkt“ von Benda, „Die Dorfdeputierten“ und „Der Abend im Walde“ von Wolf, „Das Jahrmarktsfest von Plundersweilern“ von Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach, „Der Aerndtekranz“ von Hiller, „Die beiden Pädagogen“ von Mendelssohn-Bartholdy, aber auch aus Galuppis komischer Oper „L’Arcadia in Brenta“, Haydns Oratorium „Die Jahreszeiten“, der Kantate „Die Landlust“ von Telemann sowie einige Kunstlieder von Benda, Eberwein, Methfessel und Carl Maria von Weber.

Mit leuchtendem, hellem Sopran, deutlicher Diktion und zeitgemäßem Spiel interpretiert Anne Schneider die Frauenpartien, während Christopher B. Fischer herausragend wortdeutlich, mit mimischer Finesse und brillantem Tenor die Männerpartien verkörpert. Die Inszenierung setzt sich aus historischen Gesten, schauspielerischen Aktionen und Interaktionen der drei Protagonisten zusammen. Die in historisch zeitgemäßen Kostümen ausstaffierten Darstellenden (Kostüme: André Markov) müssen mit der Hitze kämpfen. Vielleicht hätten etwas leichtere Stoffe dem zumindest etwas Abhilfe schaffen können. Ein Bühnenbild ist nicht vorhanden, dafür aber viele zeittypische Requisiten. Es spielen ausdrucksstark und differenziert von der Balustrade herab acht Mitglieder der bekannten lautten compagney Berlin, in der Musikdramaturgie von Wolfgang Katschner, musikalisch geleitet von Birgit Schnurpfeil. Das Publikum applaudiert sehr angetan.

Dr. Claudia Behn

„Auf der Suche nach der besten Welt – ein Opern-Pasticcio über Musen, Acker und Bankrott“ (2023)

Infos und Termine auf der Website des Liebhabertheaters Schloss Kochberg