An der Deutschen Oper Berlin inszeniert Christof Loy eine kleine Serie einst erfolgreicher Opern, die heute einiger Ausgrabungs-Anstrengungen bedürfen, um sie wieder auf die Bühne zurückzuholen. Nach Erich Wolfgang Korngolds „Wunder der Heliane“ und Riccardo Zandonais „Francesca da Rimini“ nimmt er sich nun Franz Schrekers „Schatzgräber“ aus dem Jahr 1920 vor. Mit Marc Albrecht hat er einen Dirigenten an seiner Seite, der mit dem Werk schon 2006 in Amsterdam Erfolg hatte.

Schreker (1878-1934) gehört zu den Komponisten, die Wagner überwinden wollten, gleichwohl in seinem Bann standen. So hat er dem zentralen Paar der Geschichte eine Liebesszene im „Tristan“-Format zugedacht. Daniel Johansson als singender Schatzgräber Elis und Elisabet Strid als die skrupellos ehrgeizige Els laufen dabei zu Hochform auf. Marc Albrecht lässt auch sonst vor allem die opulente Klangpracht fluten und entfaltet all das suggestive Charisma dieser doppelbödigen Musik.

Das Werk kreist äußerlich um verschwundene Juwelen der Königin und deren Wiederbeschaffung. Der Narr des Königs (Michael Laurenz) weiß um die Fähigkeiten jenes Sängers mit der magischen Wunderlaute, der da Abhilfe schaffen kann. Die Inszenierung ist der Sinnkrise der Gesellschaft am Ende des Ersten Weltkriegs auf der Spur, die metaphorisch in der märchenhaften Lebenskrise im selbstgemachten Libretto, vor allem aber in der Musik mitschwingt. Dafür hat Johannes Leiacker einen dunkel marmorierten Einheitssaal für den von Barbara Drosihn in heutige Kostüme gesteckten Hofstaat auf die Bühne gesetzt. Die magische Wirkung der Musik wird offensichtlich, wenn das Liebesduett in eine regelrechte, effektvoll ins Bild gesetzte Orgie übergeht.

Über weite Strecken hält das doppelte Spiel von Els die Spannung aufrecht. Sie hat nicht nur Bewerber aus dem Weg räumen lassen, sondern auch den gesuchten Schmuck in ihrem Besitz. Dass sie die Juwelen Elis mit der Maßgabe eines Frageverbots (wie in Wagners „Lohengrin“) überlässt, führt direkt in die Katastrophe. Dass sie die Juwelen hatte, kommt natürlich heraus, als die Hofgesellschaft den gefeierten Wiederbeschaffer des Schatzes feiert. Els entkommt dem Scheiterhaufen nur, weil der Narr den Wunsch nach einer Frau beim König frei hatte. An dessen Seite aber stirbt sie nach einem Jahr des Dahinvegetierens. Christof Loy macht sich mit seiner noblen Ästhetik und der präzisen Personenführung zum Anwalt einer heute seltsam fern wirkenden Geschichte. Marc Albrecht hat es da mit dem Orchester der Deutschen Oper Berlin leichter, da er für den Klangrausch zuständig ist, mit dem Schreker immer noch zu faszinieren vermag.

Roberto Becker

„Der Schatzgräber“ (1920) // Oper von Franz Schreker

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